Du hast die URL erfolgreich in deine Zwischenablage kopiert!
ZurückZurück
Magazin
Magazin Ausgabe 02/2025
02/2025
8. April 202508.04.25

Sonderkulturen für gesunden Boden

Bundesverband der Maschinenringe e.V
weniger als eine Minute Lesezeit

Elke Gültner und Roland Schaumberger setzen auf Sonderkulturen und erweitern damit auch ihre Fruchtfolgen. Der Anbau von Miscanthus/Elefantengras, Hanf und Lupine hilft ihren Böden zu atmen und öffnet die Tore zu neuen Absatzmärkten.

Miscanthus wird im Frühjahr geerntet, wenn er getrocknet ist.

Der böhmische Wind, pfeift Anfang März noch kühl über die Hügel nahe dem tschechischen Örtchen Franzensbad. Zwischen den meterhohen goldbraunen Halmen auf dem Feld nahe der Grenze zu Bayern ist er jedoch kaum zu spüren. „Schau nur, wie groß der gewachsen ist“, sagt Elke Gültner. Die Oberpfälzerin mit der blonden Mähne kann sich für kaum ein Gewächs so begeistern wie für den aus Afrika und Ostasien stammenden Miscanthus.

Auf 250 Hektar bauen ihr Partner Roland Schaumberger und sie das schnellwachsende Süßgras im böhmisch-bayerischen Grenzland an. Für die Produkte, die sie aus dem Biomasse-Giganten herstellen, haben sie sich eigene Absatzmärkte erschlossen. „Früher sind wir dafür schief angeschaut worden, heute lacht keiner mehr“, sagt Roland Schaumberger über die Entscheidung, den Betriebsschwerpunkt auf Sonderkulturen zu legen.

Früher sind wir dafür schief angeschaut worden, heute lacht keiner mehr.“
Roland Schaumberger

Roland Schaumbergers Familie hat eine über viele Generationen zurückreichende Geschichte in der Landwirtschaft. Die Ursprünge des Hofes seiner Familie reichen zurück bis ins frühe 18. Jahrhundert. Gemeinsam mit seinem Bruder André geründete der heute 60-Jährige 2009 die Agrargenossenschaft Agronaro, der Roland und sein anderer Bruder Michael bis heute vorstehen. Auf einigen hundert Hektar Land betreibt Roland Schaumberger mit seinem Team gleich hinter der Grenze zur Tschechischen Republik klassischen Ackerbau mit Winterweizen, Wintergerste, Braugerste, Hafer, Roggen und Dinkel.

Bis zu 35 Jahre Nutzung

Seine Fruchtfolgen erweitert der Landwirt mit Nutzhanf und Lupine. Auf mittlerweile 250 Hektar gedeiht Miscanthus. Entdeckt hatten Roland Schaumberger und Elke Gültner das asiatische Schilfgras auf der Fahrt zu einer Messe. „Ich wollte sofort wissen, was das ist und wofür man ihn nutzen kann“, erzählt Roland Schaumberger. „Miscanthus ist absolut faszinierend“, sagt der Landwirt. Einmal gepflanzt – pro Quadratmeter setzt Schaumberger ein Rhizom – beträgt die Nutzungsdauer bis zu 35 Jahre. Die ersten zwei Jahre bringen noch keine Ernte. Mit dem vollen Ertrag könne man ab dem fünften oder sechsten Jahr rechnen.

„Miscanthus ist unglaublich zäh“, sagt Roland Schaumberger. Er braucht lockere Böden und mag keine nassen Füße. Dafür ist er ein wahrer Kohlendioxid-Bunker. Bis zu 35 Tonnen CO2 speichern die Rhizome der Pflanze pro Hektar. Der Ernteertrag sei stark witterungsabhängig und liege bei zwölf bis 20 Tonnen pro Hektar Trockenmasse bei einer Restfeuchte von zehn bis zwölf Prozent. Und die erreichen die Halme jetzt im Frühjahr, Mitte April. Über den Winter lässt die Pflanze ihre Blätter fallen, die auf dem Boden verrotten und so zum Humusaufbau beitragen. „Der Boden ist voller Regenwürmer“, erzählt Roland Schaumberger und berichtet über Miscanthus-Bauern in der Schweiz, deren Ackerboden über lange Jahre des Anbaus spürbar in die Höhe gewachsen sei.

Roland Schaumberger zeigt den gehäckselten Miscanthus.

Zum Pflanzen der Wurzelrhizome haben Roland Schaumberger und Elke Gültner eine eigene Pflanzmaschine entwickelt und auch bei der Ernte setzt das Paar auf Schlagkraft vereint mit Anpassung. Der BiG X 630 Feldhäcksler von Krone wird für die Ernte des Miscanthus mit einer eigenen Trommel und Messern ausgestattet, denn das Schilfgras ist sehr scharfkantig und beansprucht die Maschine ziemlich. Die trockenen Halme häckselt der BiG X auf eine Länge von 24 mm bevor sie abtransportiert und in einer gigantischen Halle und einem abdeckbaren Sammelplatz davor zwischengelagert werden. „Von dort gehen täglich zwei Lkw-Ladungen in unsere eigene Pellet-Presse nahe Pilsen“, sagt Roland Schaumberger.

Das Lignin im Miscanthus ist der Stoff, der die Pflanze zur Weiterverarbeitung so interessant macht. Es verleiht den Einstreu-Pellets für Pferdeställe, die aus dem Häckselgut gepresst werden zum einen ihre Festigkeit. Zum anderen macht es die Einstreu sehr saugfähig und bindet den Ammoniak. „Man hat ein viel gesünderes Raumklima im Stall“, sagt Roland Schaumberger. Und die Pellets lassen sich, anders als Holzspäne, problemlos entsorgen.

Hanf braucht keinen Pflanzenschutz

Der eigentliche Bodenverbesserer auf den Feldern die Agrargenossenschaft ist der Hanf, für den Elke Gültner und Roland Schaumberger ebenfalls eigene Produkte entwickelt und Vermarktungswege erschlossen haben. Bei den Vorzügen des nicht berauschenden Nutzhanfes geraten die beiden gleichermaßen ins Schwärmen. Die CO2-Bindefähigkeit sei enorm und der Anbau denkbar einfach. „Hanf ist eine der nachhaltigsten Nutzpflanzen, die es gibt“, sagt Elke Gültner. Die Pflanze sei Bestandteil der normalen Fruchtfolge, komme aber auch als Vorfrucht für den Miscanthus zur Anwendung. Denn als absoluter Tiefwurzler, der bis zu anderthalb Meter in den Boden reiche, mache er den Boden durchlässig und lockere die Krume nachhaltig.

Hanf ist eine der nachhaltigsten Nutzpflanzen, die es gibt.“
Elke Gültner

Darüber hinaus benötige Nutzhanf nur eine Startgabe an mineralischem Dünger. Seine Nährstoffe beziehe er von der Vorfrucht. Pflanzenschutz sei im Hanf überhaupt nicht notwendig. Nach dem Drillen im April schließe er den Bestand binnen kürzester Zeit und verdränge unerwünschte Beikräuter. „Das ist bio-ähnlich. Ist die Saat gelegt, muss man die nächsten 110 Tage nicht mehr auf das Feld fahren“, sagt Roland Schaumberger.

Zäher Zeitgenosse

Der Nachteil am Hanf laut Elke Gültner: Er ist so schwer zu ernten, dass vermutlich auch deshalb viele Landwirte nach ersten Versuchen die Finger wieder davon lassen. Mit einer selbst entwickelten Erntemaschine und teils sogar per Hand werden die Hanfsamen, Blüten und Blätter im oberen Drittel der Pflanze von den Halmen gezogen. Diese Ernte muss sofort getrocknet werden. Eine spezielle Weiterverarbeitungsmaschine trennt anschließend Blüten, Blätter und Samen. „Hier haben wir in den ersten Jahren viel Lehrgeld zahlen müssen, bis das alles richtig funktioniert hat“, sagt Elke Gültner.

Der gehäckselte Hanfstängel bleibt auf dem Feld und wird wieder eingearbeitet.

Im zweiten Ernteschritt geht es dann aber richtig hart zur Sache. Der Feldhäcksler verarbeitet die Stängel, die auf dem Feld verblieben sind, zur Gründüngung. Soweit die Theorie – weil die Hanfstengel allerdings ein so zähes und langfasriges Material sind, musste der Gutfluß im Krone BiG X an vielen Stellschrauben und mit vielen Versuchen erst auf das außergewöhnliche Erntegut angepasst werden. Dabei unterstützten der Nabburger Landmaschinenhändler Güner Igl und Krone selbst Roland Schaumberger zu den oft unmöglichsten Zeiten. „Manchmal habe ich mir schon gedacht, ich kann da jetzt nicht schon wieder anrufen“, berichtet er heute schmunzelnd. Jetzt laufe der Antrieb mit einer Verlässlichkeit, die es ihm als Landwirt erlaube, auch die 80 bis 85 Hektar Anbaufläche zu bearbeiten.

Auch beim Hanf liegt die Wertschöpfungskette komplett in der Hand des Landwirtpaares. Der Anbau, die Ernte, Trocknung und Verarbeitung geschehe auf dem eigenen Betrieb. Die Weiterverarbeitung der Produkte erfolge in Zusammenarbeit mit sorgfältig ausgewählten Unternehmen. Das Angebot, das daraus entsteht, ist sehr vielseitig und reicht vom schmerz- und entzündungshemmenden CBD-Öl, über kalt gepresstes Speiseöl, CBD-Öl, Tees, Sirup oder einen Hanf-Secco. Aber auch hier ist Elke Gültners Lehre und Einschätzung aus den Jahren des Aufbaus der Hanfprodukte: „Entweder habe ich die Möglichkeit, es selbst zu vermarkten und die Wertschöpfungskette in der Hand zu haben oder ich lasse es.“

Stickstoffmagnet Lupine

Jüngstes Mitglied im Dreiklang der Bodenverbesserer ist die Lupine, die Elke Gültner und Roland Schaumberger in ihre fünfgliedrige Fruchtfolge einbauen. Sie sei ein wahrer Sticksoffsammler und Bodenverbesserer. Als Leguminose könne sie in Symbiose mit Knöllchenbakterien Stickstoff fixieren, durch saure Wurzelausscheidungen mobilisiere sie Nährstoffe wie Phosphor. Mit ihrer tiefreichenden Pfahlwurzel lockert sie den Boden und verbessert damit die Bodenstruktur. Als Vorfrucht empfehle sie sich vor allem zu einem Wintergetreide. Allerdings empfehle sich zur Vermeidung von Pilzkrankheiten und Leguminosenmüdigkeit Anbaupausen von mindestens vier Jahren. Die Körner verarbeitet das Landwirt-Paar zu Mehl und Nudeln.

Über die Jahre werden unsere Böden einfach immer besser.“
Roland Schaumberger

Für Elke Gültner und Roland Schaumberger hat sich der Exkurs in die Sonderkulturen bis heute und trotz aller Rückschläge in mehrfacher Hinsicht gelohnt. Mit ihren Produkten haben sie sich neue Absatzmärkte erschlossen, auf denen sie zum Teil Pionierarbeit geleistet haben. Und die Flächen, die sie mit ihrer Agrargenossenschaft bearbeitet, danken ihnen ihre Experimetierfreude im Stillen aber doch sichtbar. Miscanthus, Hanf und Lupine geben der Biologie Schwung. „Über die Jahre werden unsere Böden einfach immer besser“, sind sich die beiden einig.

Teile jetzt diesen Artikel

ZurückZurück
Fragen?